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Un-Doing Structures – in Theory&Practice

In dieser Werkstatt sollen den Spuren von akademisch gesetzten und (hochschul-)politischen Strukturen nachgegangen werden, die implizit Ausschlüsse produzieren, um Wege zur stärkeren Öffnung und ‚Dekolonisierung‘ von Universitäten zu entwerfen und (hochschul-)politisch in Gang zu bringen.

Dabei sollen auch vergangene, teilweise immer noch wirksame, etwa antisemitisch geprägte Züge dieser Historien in den Blick genommen und in Hinblick auf eine andere Zukunft, zum Beispiel durch, nicht weiter bekannte ‚Geschichten‘ und (Kon-)Texte diskutiert werden. Ziel ist es, Vergangenes auch zu fokussieren, aufzuarbeiten aber nicht vergessen zu machen, sondern das Leid(en) zunächst anzuerkennen, und ihre möglichen Parallelen zu heutigen Entwicklungen tiefer gehend zu erörtern, so auch die Frage, wie wir ‚Kritik‘ als ‚Denken‘ verstehen wollen. Die Frage ist dabei auch wie ‚Wissen‘ und Wissensentwicklung repräsentiert wurde und wird, und dass Wissen, auch in Europa, von Andersheit und anderen, marginalisierten Positionen, bis heute, stark geprägt ist und bleibt. Ein zentrales, langwieriges Ziel ist es auch, nachgerade im deutschen Raum, zu verhindern, dass marginalsierte und rassisierte ‚Gruppen‘ diskursiv gegeneinander ausgespielt werden.

Stattdessen geht es um die Stärkung von Bündnissen und anderen Visionierungen, die schon immer Teil theoretischer und künstlerischer Überlegungen dekolonialer und rassismuskritischer Denker*innen in Deutschland und überall auf der Welt gewesen sind.

‚Dekolonisierung‘ ist zunächst ein Begriff der in jüngster Zeit aus wissenschaftlichen Debatten, die spätestens 2015 weltweit und insbesondere in den Ländern des globalen Südens, etwa der Rhodes Must Fall Bewegung und der Kritik an der Kastenpriviligierung im Bildungssystem in Indien, laut geworden ist, wieder verstärkt Verwendung findet;

der Begriff ist aber nun zum Buzz-Wort avanciert, und droht seine wichtige Bedeutung zu verlieren. Um die kritischen Überlegungen zu betonen, die dahinterstehen, sprechen einige Wissenschaftler*innen inzwischen auch von anti-kolonialen Ansätzen bei der Reformierung des Forschens und Lehrens.

Dahinter stehen drei ineinandergreifende Überlegungen, die für die Weiterentwicklung der Universitäten, als glokal agierende Institutionen der Wissensproduktion von zentraler Bedeutung sind. Diese sind zum einen, dass die Universitäten sich mit dem Vermächtnis ihrer kolonialen Strukturen, auch innerhalb der jeweiligen Länder und Kontexte, auseinandersetzen müssen, die, Teil ihrer Geschichte, Lehre und Forschung sind. BIPOC Studierende und vor allem Lehrende und Forschende sind ‚traditionell‘ (historisch geprägt), zum anderen, und nicht zuletzt als Folge dieser Vernachlässigungen und Verhältnisse, in den europäischen und deutschen Universitäten relativ unterrepräsentiert. Zum weiteren, geht es darum darauf hinzuwirken, dass sich die Curricula der verschiedenen Disziplinen auf eine Weise ändern, dass sich in ihnen koloniale, antisemitisch geprägte und rassistische Denkmuster und Texte nicht wiederholen, so dass eine produktive Praxis des Umlernens in Lehre und Forschung einsetzen kann, die möglichst alle Ambivalenzen und Aporien mitbedenkt und dennoch handlungsfähige Wege des Denkens in Lehre und Forschung aufweisen kann, und die dabei auch historische und gegenwärtige Vorlagen mitberücksichtigt (etwa die Interventionen und Theoretisierungen jüdischer und Schwarzer Denker*innen, Wissenschaftler*innen und Intellektuelle).

Das weitere, langfristige Augenmerk der Werkstatt-Un-Doing-Structures in Theory & Practice, liegt so auch auf die Bildung von Allianzen und Koalitionen, etwa mit anderen, queeren und feministischen Zentren und Forschungsbereichen, die zusammen, vor dem Hintergrund dieser Überlegungen, auch in Form von kleinen Arbeitsgruppen agieren und auf VerÄnderung institutioneller Art, hinwirken können.

Die Werkstatt Un-Doing-Structures in Theory & Practice adressiert fachübergreifend insbesondere Graduierte, Prae- und Postdocs, Habilitierende und Professor*innen, die sich bereits mit diesen Thematiken beschäftigt haben und/oder mit ihnen in Berührung gekommen sind, und die dies weiterhin in einem intensiveren Rahmen, der auf Veränderungen auf theoretischer und praxisorientierter Ebene hinzielt, tun wollen.